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Bregenzerachschlucht (2006)

Bereits im Herbst 2003 haben Hanno Thurnher und Jens Weber Kranaufnahmen in der Bregenzer-achschlucht unterhalb von Doren gemacht, um die eindrückliche Flusslandschaft und die ehe-malige Eisbahnstrecke nach Bezau zu zeigen. Doch damals waren die Bedingungen viel günstiger.

 

Die CINEDOKU VORARLBERG sollte einen besonderen cineastischen Einstieg bekommen!  „Episch“, muss es sein, das unterstrich Thurnher immer wieder, das wird die Produktion von andern abheben. “Das muss sich abheben von herkömmlichen Produktionen. Intensiver muss das aussehen“, war sein Credo! Im Drehbuch steht: „Übergang von den Gletscherbildern zu einer „archaischen Flusslandschaft und eichtes Hochwasser in düsteres Licht getaucht. Ansammlung von angeschwemmtem Holz – kahler Laubwald. Nebel klebt an den Hängen der Schlucht und die Kamera fährt in einer langsamen Fahrt über das stark sedimentierte, spätherbstliche Hochwasser! Ein Bild wie nach der Eiszeit, als das Wasser ungehindert durch die Täler flutete, soll vermittelt werden“.
Was für eine Herausforderung, die sich Hanno Thurnher wieder einmal selbst auferlegte. In Frage kommt da nur ein Ort: Die Bregenzerachschlucht unterhalb von Doren, ganz in der Nähe des ehemaligen Rotachtunnels an der ehemaligen Bregenzerwälderbahntrasse. Da war ein riesiger Stein im Fluss, der die Urlandschaft verkörperte wie sonst kaum ein Relikt in einem anderen Fluss des Landes! Und auch die Umgebung vermittelte wilde Urlandschaft. Die Anleitung hatte er aus Bildern, die er mit Jens Weber hier im Spätherbst 2003 auf SD gedreht hatte. Aber im Jahr 2003 war das keine große Schwierigkeit gewesen!


Große Herausforderung
Anfang Oktober 2006 sieht die Situation in der Bregenzerachschlucht gänzlich anders aus: Das Augusthochwasser 2005 hat den Weg zur Rotachmündung fast vollständig zerstört. Große Löcher, Abrisse des Weges, kleinräumige Handrutschungen, Belagsunterspülungen und andere Schäden haben ein Befahren, selbst mit einem sehr geländegängigen Fahrzeug, fast gänzlich verunmöglicht. Ein schwacher Trost, dass hinter dem Rotachtunnel alles noch viel schlimmer ist. Dort geht gar nichts mehr, nur zu Fuß kommt man mit kleinen Kletterkünsten weiter! Thurnher steht prüfend vor dem Rotachtunnel. „Wie soll das gehen?“ Eventuell mit einem Aebi – aber das muss ein tollkühner Fahrer sein, ein richtiger Bregenzerwälder, in dem Fall ein Vorderwälder, für den nichts zu aufwendig ist!”  Nach einer halben Stunde hat er auch den Kranstandort gefunden. Und was für einer! Aber alles sehr schwierig, ja äußerst aufwendig und nur mit kleinem Kran auszuführen. „Das ganze Equipment dann noch über eine 3 Meter hohe Futtermauer abseilen und auf einem ausgewaschenen Stein in Schräglage aufbauen. Mit ein wenig Unterbaumaterial „Gute Nacht, das kann ja heiter werden! Schon das Material da hinunter“. Doch dann, kurz nach dem ihn der Selbstzweifel überkommt, erfasst ihn wieder diese Besessenheit, dieses Obsessive etwas zu machen, koste es was es wolle! „Aber es ist ein Traumplatz, auch wenn die Szene (2 Bilder) nur insgesamt 12 Sekunden dauert, ich will das, egal wie lange ich warten muss, und wieviel Aufwand, ich will das!“

Organisation
Thurnher ruft am nächsten Tag Christof Bechter vom Bauhof Doren an. Die beiden machen gleich noch am Vormittag eine Besichtigung. „Schwierig, aber das kriegen wir hin, da habe ich einen der das eventuell machen könnte“, meint Bechter zuversichtlich. Während Bechter wieder seiner Arbeit nachgeht, entscheidet sich Thurnher für eine weitere Erkundung. Er zweig vor der Brücke in die Rotach ab und folgt dem Bachlauf. „Was für eine bizarre Welt, eine gottverlasse Urlandschaft - mystisch, unheimlich und faszinierend. Unverbaute Flüsse sind das, wofür er brennen kann. Am nächsten Tag kommt der Anruf von Bechter! Er habe einen Kutscher gefunden, „Johann Sinz, einer aus dem Ort. Aber er kann nur in dieser Woche!“ Thurnher bedankt sich und sagt zu!

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Aufwendiger Transport
Es ist der 5. Oktober 2006 und das Laub ist noch gänzlich grün, denn der Frühling kam nach dem kalten, intensiven Winter erst verspätet. Der Juli war heiß, aber der August meist verregnet und zu kühl. Und so ist der beginnende Herbst gewaltig in Verzug!  Das heißt für die Produktion, dass der Kran eventuell 5-6 Wochen in der Schlucht steht, bis endlich die idealen Voraussetzungen gegeben sind. „Aber egal, ich werde auch noch andere Bilder hier drehen“, Thurnher im Selbstgespräch! 2 Tage später geht es los. Schnell ist alles verladen. Und der Aebi fährt langsam an. Peter Mathis sitzt auf der Ladefläche und schaut, dass nichts verrutscht. Vorsichtig geht es über die ersten tiefen Schadstellen.  Dann ragt ein Baum schräg über den Weg und direkt danach ein großes Loch, so nicht überwindbar. Christof Bechter nimmt die Motorsäge von der Ladefläche – ein kurzer Schnitt und ab ist die Birke - dann zersägt er den Stamm in 6 Einzelstücke gemeinsam mit Peter Mathis werfen sie die Holzstücke in das Loch, und schon kann der Aebi mit der schweren Fracht die Stelle passieren. Dann folgen weitere Erosionsstellen und Abrisse. Johann Sinz fährt jetzt hochkonzentriert an der Böschung entlang, der Aebi steht fast 30 Grad in der Schräge, Peter Mathis ist nicht mehr aufgestiegen! Zu gefährlich, um am Ende nicht von den schweren Teilen erschlagen zu werden. „Hoffentlich verrutscht die Ladung nicht, immer diese Risikopartien, die Nerven kosten,“ entfährt es Thurnher leise.  Aber alles bleibt heil. Dann das Gleiche auf der anderen Seite, zur Ache hin. Extrem steht das Gefährt wieder in der Schräge und nur durch gute Sicherung und routiniertes manövrieren bleibt alles an der gleichen Stelle. Dann noch ein paar kleine Hindernisse und am Ende noch eine Stelle, wo das Wasser sämtliches Untergrundmaterial weggetragen hat. Nur die fest verankerten Steine sind noch da. Ganz langsam fährt Sinz mit dem Aebi über die spitz aufragenden Steine – wie eine Eidechse, die über ein unebenes Gelände kriecht - und dann noch 100 Meter auf sicherem Terrain, und sie stehen vor der Rotachbrücke. Hier wird abgeladen. ist es geschafft! Mathis und Thurnher bedanken sich. Dann machen Sie einen kurzen Lokalaugenschein und in den nächsten Wochen in paar Drehs in der Schlucht - mit und ohne Kran.

Herbst in der Achschlucht
2 Wochen später, als sich endlich das Laub verfärbt und die Achschlucht in ein Farbenparadies taucht, kommen Hanno Thurnher und Jens Weber zurück. Weber sieht die Zerstörungen das erste Mal und ist sichtlich bewegt. Nach ein paar Aufnahmen stehen sie auf der Rotachbrücke, dort wo der Fluss in die Bregenzerache mündet. Beide schauen auf den Rotachtunnel und die gleichnamige Brücke. Jens Weber der Eisenbahnfan: „Schon schade, dass hier kein Wälderbähnle mehr fährt, das war schon noch sehr romantisch, obwohl ich noch zu jung war!“ Thurnher nickt. Aber einen Augenblick später erinnert er sich an einen Schulausflug: „Es muss 1979 gewesen sein, ewig fuhr der nett anzuschauende Zug von Bezau nach Bregenz. Rote Lok mit 4 grünen Waggons. Und alles hätte noch romantischer ausgesehen, wären die Waggons unterhalb der Fenster nicht so herzlos mit Werbung verklebt gewesen. Zu Beginn der Fahrt herrschte noch allgemeine Begeisterung über die Fahrt und die mystischen Licht- und Schattenspiele bei der Durchquerung der Laubwälder an der Strecke und sich Licht und Schatten schnell wechselten und ein besonderes Licht in die Spanntenwaggons, mit ihrer schönen Holzverkleidung, warf. Dieser schnelle Lichtwechsel vermittelte dann auch ein wenig Tempo. Oder als der Zug durch den ersten Tunnel fuhr und alle im Dunkeln, schreiend übereinander herfielen und schnell wieder stumm und geordnet auf den Sitzen saßen, als der Zug wieder aus dem Tunnel kam, das hatte was und blieb positiv in Erinnerung! Aber dann, immer das Halten an jedem Holzverschlag mit Bahnhofsschild. Niemand stieg aus, niemand stieg zu. Bis der Zug dann endlich wieder „Tempo“ aufgenommen hatte, es dauerte eine Ewigkeit und schon kam der nächste Halt! Und wenn man sich im Zug umsah: Nur Pensionisten, die allesamt noch im Fin de Siècle geboren wurden! Kein Arbeiter und kein Bauer, war im Zug zu sehen. Außer dem Lokführer und dem Schaffner, kein Mensch im arbeitsfähigen Alter in den ganzen Waggons nicht! Das konnte auf Dauer nicht gutgehen. Und spätestens nach einer Stunde Fahrt ersehnten alle von uns den Endbahnhof Bregenz herbei und das Stöhnen, bei dem elenden Schneckentempo, wollte kein Ende nehmen. Tock-Tock, Tock-Tock, Tock-Tock ging es über die Eisenbahnschienen im engen Achstal“. “Aber als Museumsbahn wäre die Bahn sicher toll gewesen, hier,“ wendet Weber ein” „Die dauernden Streckensanierungen, nach den Ereignisse wie im letzten Jahr, hätte der Verein sicher aus der Portokasse finanziert“, wendet Thurnher ironisch ein. (2010 sollte es dann bei der Stelle, wo die beiden stehen noch schlimmer kommen: selbst der massive, betonierte Brückenpfeiler, der das Augusthochwasser noch unbeschadet überstanden hat, sackt ab und hebt die Brücke aus den Angeln) „Schon die Sanierungsarbeiten nachdem ersten Hochwasser 1910 kamen einer Neutrassierung gleich! Nur Theater, die ganzen 78 Jahre Bahnbetrieb!“ Nach den Geschichten vergeht es auch Weber, dem Eisenbahnnostalgiker. Plötzlich kommt die Sonne ins Achtal, alles leuchtet und die Hänge werden bunt. Besondere Spieglungen prägen die Rotachmündung „Los schnell zum Kran“, und gleich sind ein paar sehr imposante Bilder gedreht.

Die geplante Aufnahme
Eine Woche später kommen Thurnher und Weber wieder. „Schau dir das an, ein kleines Hochwasser hat unseren Kran unterspült, und du willst hier einen Museumsbahnbetrieb? Wenn sogar im Oktober die Wogen hochgehen“, und lacht. Bald ist der Kran wieder im „Wasser“ und es kann gedreht werden. Danach wird abgebaut und alles 70 Meter weiter flussaufwärts geschleppt, an die entscheidende Stelle, zum Hauptdrehort. Die Gewichtsteine werden über den ehemaligen Eisenbahndamm mit einem Seil abgeseilt. 2 Tage später und insgesamt 5 1/2 Wochen (!!) nach dem Transport, dann endlich der Tag des entscheidenden Drehs in greifbarer Nähe! Das Laub ist gefallen, starker Niederschlag im Gebirge und relativ hohe Temperaturen soll kommen! Am nächsten Tag soll es so weit sein! Thurnher und Weber fahren wieder her. Erstmals fehlt das Seil, um die weiteren Teile zur geplanten Position zu bringen! –“Das gibt es doch nicht, aber auch nach längerem Suchen finden sie nichts. „Ok, was soll´s, dann muss ein Abschleppseil herhalten. Ein Aufbau davor war wegen eines eventuellen größeren Hochwassers (man war seit Mitte November 2002 am Alpenrhein gewarnt) zu gefährlich. Nach einer Stunde ist der Kran unten beim Stein. Es beginnt der beschwerliche Aufbau. Erst das lange Austarieren bis der Dolly sicher steht, dann der gewöhnungsbedürftige Aufbau, halb im Wasser und in der Schräge. Extrem rutschig, aber nach einer weiteren Stunde steht alles wie gewünscht. Aber die Stimmung ist wieder aus dem Achtal gewichen. „Wieder nichts, versuchen wir es morgen, da sollte es auch Frühnebel geben, und der Wasserstand soll gar ein wenig höher sein!“

Realität schlägt Drehbuch
Und dann: Wie im Drehbuch, besser – die Stimmung düster, Nebel klebt an den Hängen der Achschlucht, das Wasser extrem grau sedimentiert, der Wasserstand höher noch wie am Vortag – Thurnher und Weber sind begeistert und fühlen sich wie in eine andere Zeit versetzt. “Das ist Urzeit, wie nach der Eiszeit, Wahnsinn”, Thurnher frohlockend. Er setzt sich auf den Stuhl, schnallt sich an! Weber zieht die Gegengewichte von der Plattform und schon gleitet der Kran über das Wasser. Im Hintergrund der riesige Stein, eine Art Wahrzeichen der Achschlucht, schimmert dunkel bläulich, oben an den Hängen klebt der Nebel über der Schlucht, einfach großartig. Weber macht noch ein paar Bilder für die Nachwelt und Thurnher fordert zum Tempo auf, um nichts zu versäumen. Nach 8 Schwenks wechselt Thurnher die Perspektive und die Sitzstellung. Ein großer Stein versperrt die Sicht, die Kamera fährt an ihm entlang, unten hört man das graue Wasser leicht zischend, und hinter dem Stein wird langsam eine große Ansammlung von Schwemmholz sichtbar, und die düster-dunklen Nadelwälder, die bis an die Ufer der Bregenzerache reichen – was für ein Bild – grandios, wie im Drehbuch – nein fast noch besser - sind die Gedanken von Thurnher. Für beide ein sehr beeindruckender Dreh, auch ohne Wälderbähnle

 

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Kontakt:

Hanno Thurnher Fotografie

Steinebach 7, 6850 Dornbirn

Gösserstraße 1, 8900 Selzthal

office@thurnher.at

+43 (0) 664 3924847

© 2023 Hanno Thurnher Fotografie

Technische Aufbereitung: Peter Mathis

Gestaltung: Hanno Thurnher

Fotos: Hanno Thurnher, Jens Weber

Making-of Bilder: Mike Bertschler, Peter Mathis, Werner Micheli, Hanno Thurnher, Jens Weber;

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