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Chaostage auf Süns

 

 

Der erste große Dreh über der Baumgrenze mit Übernachtung im freien Gelände entwickelte sich zum Desaster. Dies war aber auch die rechtzeitige Warnung der Natur, ihr den nötigen Respekt entgegenzubringen. Thurnher wurde in all den Jahren nie wieder von einer Wetterfront überrascht. Gleichzeitig reifte der Entschluss, die richtigen Leute für das Projekt zu rekrutieren.

 

Nach einer umfangreichen Vororganisation beginnt mit dem Helikopter-Transport des Kamerakrans am 26. Juli 2001 die Operation. Nach mehreren Transportflügen  fliegen Hanno Thurnher und Jens Weber mit der Flugcrew wieder zurück. Am Freitag Vormittag des 27. Juli gehen Thurnher und Weber mit Kameraausrüstung, Proviant und Schlafsack zum Drehort. Dort werden nach dem Kranaufbau bis zum späten Nachmittag die geplanten Bilder gedreht. Danach wird der 1300 kg schwere Kran abgebaut und die Einzelteil müssen über unwegsames Gelände mühsam zum See getragen werden. Nach 2 Stunden ist der schwere Job erledigt. Den beiden bleibt nur eine kurze Pause, denn der Kran muss vor der Dunkelheit wieder aufgebaut sein, da noch die Abendbilder geplant sind. Doch in der Eile wird nicht richtig stabilisiert. Als der Kran  fertig aufgebaut ist, sinkt er einige Zentimeter ein. Unmöglich ihn wieder ohne Hilfsmittel ins „Wasser“ zu bringen. Der Abendreh ist dahin.  Der Kran muss fast vollständig abgebaut werden, damit kann auch der Dreh in der Morgendämmerung nicht stattfinden. Thurnher ärgert sich grün und blau. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erst am Morgen kann der Kran wieder zusammengebaut werden.  Es folgen ein paar Aufnahmen nach Sonnenaufgang, dann gehen die beiden über die Jöcher.  Am späten Nachmittag des 29. Juli erscheinen Thurnher und Weber wieder am Ort des Geschehens. Das Wetter ist nicht ganz stabil. Auf der Ostseite des Sees haben junge Mitarbeiter einer großen deutschen Bank ein Überlebenscamp eingerichtet. Sie wundern sich über die mangelhafte Outdoor-Ausrüstung des Filmteams. Schnell werden noch die nötigen Abendbilder gedreht, dann wird es dunkel und beide schlüpfen in ihre Hütten-Schlafsäcke,
Thurnher schaut in den Nachthimmel. Irgendwie hat der Himmel keine Sterne, denkt er sich. Er hat ein komisches Gefühl und plötzlich einen Tropfen im Gesicht und schon beginnt es wie aus Kübeln zu gießen. Beiden springen auf, versuchen die Taschenlampen zu finden und verstauen schnell die Technik in den Koffern. Danach suchen sie den Weg zur Alphütte, doch es regnet so stark, dass man die Hand kaum vor den Augen sieht. Sie drehen um und finden mit Glück wieder zum Drehort zurück. Beide stehen jetzt schutzlos im Regen und sind völlig durchnässt. Nach etwa 20 Minuten lässt der Starkregen nach.  
Man beschließt, das Überlebenscamp der Jung-Banker aufzusuchen. Es kommt einem „Compiègne“ gleich. Nach einem Vortrag über die Gefahren der Natur werden beide aufgenommen. Der eine findet rechts, der andere links des offenen Zeltes Schutz. Ein nächtlicher Albtraum beginnt.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im dem völlig durchnässten Schlafsack die Nacht durchzustehen, erfordert äußerste Disziplin. Um 3 Uhr verliert Weber die Nerven. Er verlässt mit seiner Sturmlampe das Lager im Glauben, dass Thurnher wollig warm in den Federn liegt. Thurnher sieht das Entfernen des Assistenten, traut sich aber nicht zu rufen, weil er sonst das ganze Lager aufwecken würde. Er glaubt an einen Nachtspaziergang und ein baldiges Zurückkommen Webers. Gleichzeitig ist er vom Gedanken durchdrungen, wie er am Morgen nur in die nasse Hose kommt.

Eine Stunde später verdunkeln sich seine Gedanken. „Wenn der Sack nicht mehr zurückkommt, bring ich ihn um“, zittert sich Thurnher durch die Nacht. Endlich bricht nach der nicht enden wollenden Dunkelheit der Tag an. Er bedankt sich und bekommt noch den Tipp mit auf den Weg, sich in Zukunft doch besser zu organisieren. Trotz der Hilfe muss er  sich sehr zusammenreißen, um Haltung zu bewahren. Er macht sich auf zur nahen Alpe Süns und hofft, Weber dort vorzufinden. Hier sei niemand vorbeigekommen, wird ihm mitgeteilt. Wie ein nasses Rind eilt Thurnher ohne Geld, Papiere und Schlüssel über die Weiden von Süns Richtung Portla. Er kocht vor Wut.

 

Auf dem Joch muss er beim Blick zur Alpe Portla feststellen, dass auch sein Auto weg ist. Er flucht in den Morgenhimmel und der Zorn schüttelt alle Tropfen ab. Bei der Alpe gibt man ihm einen warmen Tee und er bittet um ein Taxi. Nach einer Viertelstunde kommt ein Bus aus Damüls, der gut und gerne 25 Leute befördern kann, und bringt ihn nach Dornbirn. 1000 Schilling (€ 72,67) kostet die Fahrt und das umständliche Organisieren des Geldes versetzt ihn zusätzlich in Stress. Am Ende bekommen alle ihr Geld - außer Jens Weber.

Dies war die letzte Übernachtung für Weber im Gebirge und er war nicht mal unglücklich über die neue Situation. Am übernächsten Tag steigt Mike Bertschler in das Projekt ein. Schnell werden die ausständigen Bilder gedreht.  Dann geht es noch zu einem größeren Rundgang, gegen Mittag werden die Kranteile abgebaut und am Nachmittag holt der Helicopter das Material und das Team ab.


 

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