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Absturz in der Schrecksbach

Am 11. Februar 2004 stürzen Mike Bertschler und Hanno Thurnher mit einem Skidoo auf dem Weg von Neuhornbach nach Schoppernau in ein Tobel. Sie kommen wie durch ein Wunder  mit dem Schrecken davon.

Die Geschichte beginnt bereits am Vortag auf 1700 Meter Seehöhe, hoch über Schoppernau im Gebiet des Neuhornbachhauses, eines faszinierenden Berggebietes im hinteren Bregenzerwald.  Am Vormittag drehen Hanno Thurnher und Mike Bertschler, unterstützt von Alfons Silgener, fazinierende Nauturbilder rund um das winterliche Gebiet. Gegen Mittag machen die beiden einem Ausflug, begleitet von Gebi Rüf mit seinem Ratrack zur Mittelstation der Diedamskopfbahn. Dort werden weitere Aufnahmen für angehängt. Am Nachmittag gibt ihnen Gebi Ruf seinen Schidoo um weitere Bilder in der nahen Umgebung machen zu können.

 

Doch das Unterfangen steht unter keinem guten Stern, eine Art Fanal was noch kommen sollte. Zwei Mal fährt sich Bertschler in den Schneemassen fest. Das eine Mal kann das Gerät von beiden nach einer Viertelstunde unter großer Mühe ausgegraben werden. Beim zweiten Male, keine 20min später, wieder auf die gleiche Weise. An einem Hang, wo sich wahrscheinlich kein vernünftiger Mensch mit diesem Schneegefährt verirren würde. Es ist ein unglaublicher Kraftakt das Transportgerät wieder auszugraben. Thurnher gibt schnell auf, da er an keine Erfolgsaussichten sieht, dass Fahrzeug wieder flott machen zu können, zu sehr hängt der Schidoo in der Mulde fest. Bertschler gräbt wie ein Irrer mit einer Schaufel, die er beim ersten „Crash“ vom Neuhornbachhaus geholt hat, unterhalb der Kufen den Schnee aus, um das Gerät in eine andere Lage zu bringen. „Vergiss es, das geht nie“ meint Thurnher resignierend und erschöpft, doch Bertschler lässt sich von der Idee nicht abbringen, trotz der schier ausweglosen Situation. Thurnher beobachtet das Geschehen und denkt sich, wie man nur hier noch weitermachen kann, bei so einer ausweglosen Lage. Völlige Kraftverschwendung“ entfährt es ihm. Gleichzeitig kommt ihm der Gedanke, dass es Bertschler in ähnlich ausweglosen Situationen schon mehrmals gelungen ist, einen Erfolg zu erringen und bewundert die Hartnäckigkeit. Aber hier, das kann nicht mehr funktionieren, das ist doch völlig - im wahrsten Sinne des Wortes - verfahren. Um nicht den Eindruck des Defätisten zu erwecken, beginnt er etwas alibi-mäßig auch mit zu graben. Nach einer halben Stunde hat Bertschler das Vehikel tatsächlich in eine andere Lage gebracht und der Schidoo rutscht in eine wesentlich günstigere Position. Gemeinsam schaffen sie es dann, das Teil wieder fahrbereit zu machen. „Jetzt aber zur Hütte, keine Experimente mehr“

 

Erschöpft kommen sie nach wenigen Minuten zum Neuhornbachhaus. Der Hüttenwirt hat nur ein „Auch schon da“ übrig. „Nicht so einfach mit dem Teil zu fahren“ grinst er über beiden Ohren. Auch die beiden müssen lachen. Vor dem Haus hat sich eine gewaltige Stimmung über die Landschaft gelegt. Thurnher holt nochmals die Kamera aus dem Rucksack. Die Sonne verschwindet langsam hinter der Kanisfluh und wirft die letzten Sonnenstrahlen in einem faszinierenden Rot auf die umliegenden Berge. Eine überwältigende Föhnstimmung legt sich über den gesamten hinteren Bregenzerwald. Die letzten Besucher treten den Weg ins Tal an, einige mit dem Rodel, die anderen zu Fuß. Ein wunderbares Erlebnis. Nach der Blauen Stunde kehrt auch Thurnher in die Gaststube zurück.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dort steht bereits ein Bier für ihn auf dem Tisch - es sollte nicht das Letzte sein. Man unterhält sich mit dem Hüttenwirt und anderen Gästen und gibt die Geschichte des Tages und andere Erlebnisse der letzten Wochen zum Besten. Kurz vor Mitternacht treten die beiden vor die Tür und trauen ihren Augen nicht. Mindestens 60 cm Neuschnee sind gefallen. Sie entschließen sich auf der Hütte zu übernachten, zu gefährlich jetzt noch ins Tal zu fahren und zu viel getrunken haben sie auch, fällt ihnen noch ein.

 

Am nächsten Morgen liegen bereits über 80 cm federleichter Pulverschnee vor dem Haus. Gebi Rüf bietet ihnen den Skidoo an, trotz der Erfahrungen vom Vortag. Während die Kameraausrüstung mit der Materialseilbahn ins Tal gebracht wird, fahren Bertschler und Thurnher kurz nach 9 Uhr durch die offene Winterlandschaft. Keine Spur ist sichtbar, aber Bertschler findet wie von Geisterhand den Weg über die offene Landschaft. Thurnher sitzt staunend auf dem Sozius. „Wie geht das, ich sehe überhaupt nichts und der findet den Weg, als kenne er hier jeden Meter, aber hoffentlich findet das kein jähes Ende“. Bald erreichen sie die Pforte nach unten.

 

Hier kann man den Weg noch gut erkennen. Die beiden fahren durch eine tief verschneite Landschaft gesäumt von Bäumen, mal als Hohlweg, mal als eine leicht geöffnete Landschaft, mit tiefen Einschnitten, voller Zauber geradezu melancholisch. Ein wahrhafter Winterzauber. Man kann sich kaum sattsehen. Tiefverschneite Tannen die hin und wieder den Schnee abwerfen und alles in einen zauberhaften Schneenebel legend. Man bekommt dann eine frische „Gisch“ ab. Es ist ein federleichtes Dahingleiten. Durch den vielen Schnee hört man selbst den Motor des Gefährtes kaum.  Sahnig-sämig treibt Bertschler den motorisierten Untersatz durch den Zauberwald. Bei den Langsam-Fahrpassagen steigt der Geruch des 2-Takters in die Nase von Bertschler und beflügelt ihn noch mehr Gas zu geben. Es geht jetzt immer flotter voran. Bei Thurnher weicht der Zauber langsam dem Bedenken wie nah Faszination und Unheil manchmal so nah beieinander liegen können! Immer wieder durchschneidet Bertschler leichte Schneerutschungen. Thurnher ist die Sache nicht geheuer und macht Bertschler auf die Gefahren des Abrutschens aufmerksam. Doch Bertschler ignoriert die Tipps mit der Bemerkung: „Schluss jetzt, du Alleswisser!“ Ein größerer Schneerutsch wird noch durchbrochen, und läßt Bertschler seine kühne Fahrweise bestätigen und Thurnhers Pessimismus Lügen strafen. Doch dann naht das Unheil: Ein großer Rutsch hat den Weg komplett verlegt. Bertschler gibt Gas um mit Geschwindigkeit den (vermeintlich) weichen Schneerutsch zu durchbrechen. Thurnher schreit ihn an: „He, du Narr, da kommen wir nie durch!“ Er rast jetzt mit voller Geschwindigkeit auf den Schneehaufen zu. In letzter Verzweiflung schlägt im Thurnher noch auf die Schulter, um den Wahnsinn noch zu verhindern. Doch es ist zu spät: Der Skidoo stellt sich quer, schmiert ab auf dem halbharten Untergrund und stürzt mit den beiden an der steilsten Stelle des Weges in die Schlucht des Schrecksbaches. Thurnher springt ab - besser gesagt - rutscht wie eine Comicfigur vom Sattel und landet weich im Schnee. Er rutscht aber gleich auf dem steilen Gelände Richtung Tobel ab. Bertschler versucht das Ungetüm noch zu lenken, ist aber bereits hoch in der Luft und wird vom Skidoo geschleudert, als dieser eine junge Tanne streift und sich leicht zur Seite dreht. Thurnher kann sich weiter unten im Gelände an einem kleinen Baum festhalten. Auch Bertschler findet weiter unten Halt an einem Gehölz, bevor der Abhang immer steiler wird, während das Transportgerät ungebremst in das tiefe, immer steiler werdende Tobel stürzt. Der Motor heult auf und bald ist das Ungetüm im Nebel verschwunden. Ein dumpfes Geräusch ist kurz danach zu hören. Die Steilheit, die Tiefe und der dumpfe Aufprall lassen für den Skidoo Schlimmstes vermuten. Thurnher und Bertschler ist der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Beide schauen sich über die Entfernung entsetzt an. Durch die orangen Gläser der Sonnenbrillen wirkt die Szene für die beiden noch surrealer. Doch erstmals sind sie froh, unverletzt geblieben zu sein. Der viele Schnee hat sie vor Schlimmerem bewahrt.

 Nach einem mühsamen Aufstieg erreichen sie wieder den Weg - und kaum auf sicherem Boden - beginnt der Streit über den vermuteten Schadensfall. Bertschler rechnet mit der Schadensabdeckung durch den Produzenten, da er höhere Gewalt im Spiel sieht. Thurnher tobt und unterstellt völligen Realitätsverlust. “Nein, nix, niemals, ich zahle maximal die Hälfte des Schadens und das ist absolute Gutmütigkeit. Das war grob fahrlässig, du Spinner!“ Dann schreien sich beide an und diskutieren bis nach Schoppernau über die Schuldfrage. Nachdem sie telefonisch den Hüttenwirt über den Unfall informiert haben und die Kameraausrüstung bei der Station der Materialseilbahn eingeladen haben, fahren sie nach Dornbirn. Immer wieder kommt es zu kurzen Wortscharmützeln.

Insgesamt 3 Wochen dauert der Streit, bis Gebi Rüf endlich mit einer Gruppe Snowboarder in den Schrecksbach absteigen kann, um den Schidoo aus dem Tobel zu ziehen. Rüf stellt fest, dass der Schaden in Eigenregie behoben werden kann. Unglaublich für beide, welch doppeltes Glück! Gebi Rüf hatte bereits die Tage davor schon seine ganze Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft bewiesen, als er mit seinem Ratrack, den er auch Personentaxi für seine Gäste einsetzte, ihnen den kleinen Kamerakran transportierte. 2 Jahre später wird nochmals auf Neuhornbach gedreht und beim ersten Blick der Hüttenwirtin kann man ein “Bitte nicht die schon wieder!” von ihrer Stirn ablesen

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